Dez 10

Hintergrund Limitierung in der Astrofotografie


Wann bin ich in der Astrofotografie Hintergrund limitiert?

Vor einiger Zeit hatte ich zu diesem Thema ein Video auf meinem YouTube Kanal erstellt.

Gerne könnt ihr euch an dieser Stelle das Video ansehen. Ich möchte aber auch hier zu diesem Thema in meinem Blog nochmal kurz die wesentlichen Schritte erläutern.

Damit könnt ihr Schritt für Schritt, anhand eurer eigenen Aufnahmen ermitteln, ob ihr Hintergrund limitiert seid, oder eben nicht.

Video zur Hintergrundlimitierung

Faktoren für die Hintergrund Limitierung

  • Künstliche Lichtverschmutzung: Straßenbeleuchtung, usw… (Bortle bzw. SQM)
  • Natürliche Lichtverschmutzung: Der Mond
  • Lichtstärke vom Teleskop
  • Gain bzw. ISO Einstellung sowie Belichtungszeit
  • Verwendete Filter (Schmalband-, Lichtverschmutzungsfilter)
  • Die Empfindlichkeit der Kamera (Quanten Effizienz)

Vorgehensweise wie man seine eigenen Aufnahmen checkt

Folgende Vorgehensweise zeige ich in dem oben verlinkten Video! Als Software kommt das kostenlose Fitswork zum Einsatz.

  • Stacken von ca. 20-50 Dark Frames zu einem MasterDark
  • Dieses MasterDark mit einem EinzelDark subtrahieren
  • Unter Bildstatistik die Standard Abweichung ermitteln
  • Diese Zahl mit 2 oder 3 multiplizieren und dann zum Quadrat rechnen
  • Dann von einem Light (Einzelframe) das MasterDark subtrahieren
  • Unter Bildstatistik den Mittelwert ermitteln
  • Dieser Mittelwert muss den System Gain-Faktor noch berücksichtigen. Also die Konversion zwischen Anzahl Elektronen und ADU (Dazu weiter unten eine Erklärung)

Die Praxis

Am Beispiel einer Aufnahme mit der QHY268c, dem Lacerta 10″ f/4 Newton Teleskop und dem Optolong L-Extreme Filter.
Belichtungszeit 900 Sekunden bei Gain 60 und -15°C Sensor Temperatur:

  • Nach Abzug des MasterDark vom Einzeldark Frame habe ich eine Std. Abweichung von 9,5
  • Folgende Rechnung: (9,5 * 2)2 = 361
  • Nach Abzug des MasterDark vom Light Frame habe ich einen Mittelwert von 95 ADU
  • Der System-Gain der Kamera ist 0.397 e/ADU (Siehe Abbildung unten)
  • Als nächstes muss ich den Mittelwert 95 durch 0.397 rechnen = 239 ADU
  • 361 bräuchte ich um zu 90% Hintergrund limitiert zu sein. Mit 239 bin ich somit nah dran an der Hintergrundlimitierung.
Bei Gain 60 hat meine Kamera im High Gain Mode 0.397 e/ADU

Dr. Rainer Raupach ist Physiker und hat dazu eine ausführliche Folie erstellt, mit der man sich in dieses Thema weiter vertiefen kann. Diese Folie könnt ihr euch hier downloaden: CLICK

Herzlichen Dank an Dr. Rainer Raupach für diese sehr informative Folie und auch für die Fragen welche er unten beantwortet hat!


Q&A

Ich habe dem Rainer einige Fragen gestellt. Seine Antworten möchte ich hier niederschreiben. Solltet ihr noch Fragen haben, könnt ihr gerne schreiben. Ich bin sicher wir werden Antworten finden 🙂


Frage: Kann man das auch komplett in e/ADU rechnen?

Antwort: Eine gleichwertige, aber schönere und didaktisch bessere Darstellung wäre sicherlich die konsequente Umrechnung aller Größen auf Anzahl Elektronen und dann der Vergleich der Zahlen. Also in Deinem Beispiel:

  • der System-Gain der Kamera ist 0.397 e/ADU
  • gemessenes Rauschen (rms) 9.5 ADU -> 9.5 ADU * 0.397 e/ADU = 3.77
  • gemessener Hintergrund 95 ADU -> 95 ADU * 0.397 e/ADU = 37.3
  • Test mit dem schwächerem Multiplikator 2: (2 * Rauschen in e)^2 = (2* 3.77)^2 = 57

57 ist nun gar nicht so weit weg von 37, genauer 57/37 = 1.5. D.h. mit 1350 s Belichtung statt 900 s hättest Du die (fast) Hintergrundlimitierung mit Multiplikator x2 erreicht.

Umgekehrt kann man bei Deinen aktuellen Parametern Gain 60 und 900 s (mit den Formeln in den Folien) ausrechnen, dass noch ca. 16% des Light-Rauschens aus dem Einfluss der Elektronik kommen. Soviel könntest Du also maximal gewinnen, wenn Du vollständig (d.h. Multiplikator unendlich) hintergrundlimitiert wärst. Bei 1350 s Belichtung wären noch 10% verschenkt, bei 3000 s wäre es dann der Zustand mit Multiplikator x3, d.h. nur noch 5% verschenkt.


Frage: Interessant ist auch, dass ich bei Gain 100 dann durch 0.008 teilen müsste. Das wäre dann ja extrem. Würde ich in dem Fall mit Mittelwert 95 auf knapp 12.000 ADU kommen. Kann das wirklich so stimmen?

Antwort: Ja, das stimmt wirklich! Der springende Punkt ist, dass dann auch das Rauschen in ADU sehr hoch ist.
Angenommen du hast ca. 2 Elektronen als Ausleserauschen. Dann würdest du 2 / 0.008 = 250 ADU Rauschen mit deiner Methode messen, und das Signal für den Test auf Hintergrundlimitierung gegen (3* 250)^2 = 562500 vergleichen müssen. Dein gemessener Hintergrund müsste dann mindestens bei 4500 ADU liegen (denn 4500 / 0.008 = 562500) und nicht bei 562500.

Anschaulicher sieht man das aber wahrscheinlich, wenn Du alles zuerst auf Elektronen umrechnest. Dann wäre bei 2 Elektronen Dark-Rauschen (3 * 2e)^2 = 6^2 = 36. Und ein Hintergrund von 4500 ADU entspricht 4500*0.008 = 36 Elektronen, also exakt demselben Ergebnis wie oben aber auf einem anderen Weg.


Frage: Was macht man bei einer DSLR Kamera? Ich kenne den System-Gain der Kamera in e/ADU leider nicht.

Antwort: Bei DSLR Kameras ist das in der tat schwierig. Man kann mit dem Unity Gain (= Unity ISO) fotografieren. Beim Unity ISO ist dann exakt 1 Elektron pro ADU. Hier eine Liste mit den Kameras: CLICK

Man könnte also für eine DSLR Kamera den Wert von Unity ISO nehmen (oder einen, der möglichst nah dran ist) und die oben beschriebene Berechnung ohne Berücksichtigung des Gain durchführen. Das gibt zumindest ein Gefühl dafür, in welcher Größenordnung die Einzelbelichtungen liegen sollten.


Frage: Warum ist man schneller Hintergrund limitiert wenn man den Gain hoch stellt ohne die Belichtungszeit zu erhöhen?

Antwort: Eine Erhöhung des Gains hat zwar zur Folge, dass Du (bei gleicher Belichtungszeit und gleichem Background) mehr Signal in ADU bekommst, aber eben nicht mehr Elektronen, denn die Zahl der aufgefangenen Photonen ändert sich ja nicht durch die Umschaltung des Gains an der Kamera. Das Hintergrundsignal (in Elektronen) ist also erst einmal genau gleich, unabhängig vom Gain.

Dass Du trotzdem einen Vorteil davon hast, liegt nur daran, dass bei der QHY268c (und natürlich auch anderen Kameras) höhere Gain-Werte gibt, bei denen das Ausleserauschen in Anzahl Elektronen sprunghaft abnimmt. Dieser Vorteil ist aber „doppelt“ wirksam, denn man vergleicht das Hintergrundsignal bekanntlich mit dem Quadrat des Dark-Rauschens. Eine Halbierung des Dark-Rauschens z.B. reduziert deswegen das notwendige Hintergrundsignal um den Faktor 2^2=4.

Das bedeutet aber, dass eine schnellere Hintergrundlimitierung bei höherem Gain nur durch diesen Effekt der Reduktion des Ausleserauschens eintritt, und nicht weil das Hintergrundsignal in ADU verstärkt wurde! Wenn die Kamera bei jedem Gain dasselbe Ausleserauschen hätte, dann würde eine Gain-Erhöhung überhaupt keinen Vorteil im Sinne einer schnelleren Hintergrundlimitierung haben.

Ausleserauschen

4 comments

  1. Ricco Skombar

    Hallo Daniel,
    eine kurze Frage, hast du beim erstellen des MasterDarks’s auch BiasFrames mit einberechnet? Oder reicht es ohne Bias frames auch.
    Beste Grüße,
    Ricco Skombar

    • Hallo Ricco,
      in einem Dark ist neben dem Dunkelstromrauschen bereits das Ausleserauschen enthalten. Somit braucht man kein BIAS Frame für ein MasterDark.
      Schöne Grüße Daniel

  2. Alexander Wagner

    Hallo Daniel,
    ich habe jetzt 3 verschiedene Test-Aufnahmen verglichen: ISO800 120sec, ISO800 240sec und ISO1600 120sec. Dabei tanzt die erste Variante stark aus der Reihe (vermutlich wegen Mondlicht) und ist beinahe am Limit. Die letzten beiden Bilder haben nur 1/5 der Limitierung. Sollte ich beim Kombinieren der Belichtungen von unterschiedlichen Tagen diese Daten zur Hintergrundlimitierung berücksichtigen? Lässt sich davon sowas wie ein Qualitätsmerkmal ableiten, dass mir sagt welche Tage ich löschen kann und welche wertvoller sind? Das wäre dann ja unabhängig vom Equipment nützlich.
    LG
    Alex

    • Hallo Alex,
      bei einer DSLR/DSLM Kamera ist es ohnehin schwierig die Hintergrundlimitierung richtig zu ermitteln. Weil die Kamera-Hersteller e/ADU nicht angeben und man diese auch nicht selbst mit SharpCap in der Sensor Analyse bestimmen kann.
      Ich an deiner Stelle würde mir da gar nicht so viele Gedanken machen. Wenn du mit ISO 1600 z.B. 180 Sek. belichtest, wirst du bestimmt schon recht gut auf der sicheren Seite sein. Achte darauf, dass die die hellsten Bereiche nicht ausbrennen.
      Ansonsten muss man natürlich schon drauf achten die möglichst gleichen Bedingungen zu haben. Also einmal mit und einmal ohne Mond ist ein großer Unterschied.
      LG Daniel

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